Cyprian Norwid

Den Gedichtzyklus “Vade-mecum“ und einzelne Gedichte daraus (polnisch oder in der Übersetzung von Rolf Fieguth) habe ich in vielen Varianten darzustellen versucht unter dem Aspekt der “Dunkelheit“ (Titel eines Gedichts). Die Texte sind nicht oder nur fragmentarisch lesbar. Den Vorwurf der Unverständlichkeit (Dunkelheit) hat man Norwid bereits zu Lebzeiten gemacht.

Ein Gedicht aus dem Zyklus, “Ironie“, habe ich vielemale auf verschiedene Weise nur mit Schrift gestaltet und damit einige Motive sichtbar zu machen versucht:
Durch die teils geschlossenen, teils girlanden- und feuerradartigen runden Formen wird hingewiesen auf das Element der Bewegung, auf das Drehen der Räder, das “Rückwärts-Knarren“;
die Labyrinthformen weisen hin auf die vielerlei “Wege, die fremdes Leiden geschlagen“;
hartnäckige Wiederholungen derselben zeichnerischen Wendung und Spiralwindungen verdeutlichen das “Könnte man doch…“;
die durch das Neben-, In- und Aufeinanderschreiben erzeugte Unleserlichkeit ist Ausdruck von “Dunkelheit“ und “Schatten“ (Ironie, die der “notwendige Schatten des Seins“ ist).

Ironie
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Das Gedicht “Ironie“ aus dem Zyklus “Vade-mecum“:

Könnte man doch ein großes Werk
Grobem Stein mit dem Meißel entheben,
Und brauchte der Meißel zu knirschen nicht,
Der Hammer nicht anhaltend schlagen und schlagen.

Könnte man doch mit bloßem Hauch der Harmonie
Die Achsen der Wagen drehn,
Und ohne das Rückwärts-Knarren der Ironie
Könnte man’s schaffen, etwas zu machen…

Ach! wie sanfte schliefe der Mensch, der
Überm Lamento, dem ständigen, stünde,
Doch wie? – wenn ihm noch an den Lidern
Ironische Träume ein sich nisten!…

Gefühl besucht ohne Ironie
Wege, die fremdes Leiden geschlagen.
Doch wer dort eher war, weiß von ihr,
Dass sie – der notwendige Schatten des Seins ist.

Du denkst vielleicht, dass die goldene Zeit
Kampflos, selbst, kommt zu der Menschheit –
Ach wo?… führen erst die Tugenden hin,
Vor denen abschreckt Lächerlichkeit!…

Cyprian Norwid

Ausstellung im Kulturzentrum „Zamek“, Poznan, 2008 mit Norwid-Bildern.


 

“Bäume und Wälder, grün und blau, Wolken, Gräser“ 

mit Gedichtfragmenten von z.B. Johannes Bobrowski “Hingesunkne über uns, Wildnis, Fülle du der Wälder“; “Wäldergewölk“; Francis Ponge “Les arbres attendent qu’on vienne les lire“; Edmond Jabès “…regarde le monde improvisé des arbres vieillir et mourir dans le visage de l’homme“; Paul Valéry “Mon âme aujourd’hui se fait arbre“ etc.; Hölderlin “Die Eichbäume – Gegen die Wolken ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet“; Rilke “Vergers “;
“Grün“ mit Textfragmente verschiedener Dichter:
“Unter grüngewölbtert Nacht; grünverschattet; in der dunkelgrünen Nacht, in grüner Einsamkeit etc.“; Hölderlin “Was dämmert um mich, Erde! Dein freundlich Grün“;
“Blau“ mit Texten u.a. von Georg Heym “Alle Landschaften haben sich mit Blau gefüllt“; Georg Trakl “Bläuliche Schatten. O ihr dunklen Augen“ etc.;
“Wolken“ mit Texten von Else Lasker-Schüler “Graumütig ist mein Herz und wolkengleich“; Eichendorff “Die Jahre wie die Wolken gehn“; “Wolken, wälderwärts gegangen, Wolken, fliegend übers Haus“; Bobrowski “- der Abend – Geleucht inmitten der Wolke“; Baudelaire “J’aime les nuages… les nuages qui passent… là-bas…là-bas… les merveilleux nuages“ etc.;

“Gräser“: Schiller “…und im Wind wogt das versilberte Gras“; Albers/Brahms “Ich liege still im hohen grünen Gras“; Droste- Hülshoff “Süße Ruh, süßer Taumel im Gras“ etc.